Tourenziel war der Altmann durch den uns bereits bekannten Schaffhauser Kamin, wir teilten uns in zwei Gruppen auf, eine Gruppe wollte eine Stunde früher losfahren als die andere. Plan war, dass die „spätere“ Gruppe die „frühere“ Gruppe bis zum Einstieg in den Kamin einholen sollte. Mit knapp einer Stunde Rückstand starteten wir also in Wildhaus, 1100 Höhenmeter Zeit den Rückstand aufzuholen. Entsprechend motiviert und zügig brachten wir die erste Geländestufe hinter uns. Als weiterer Antrieb diente die schwüle Luft des Tobels zu beginn der Tour, welcher wir so schnell wie möglich entkommen wollten. Tatsächlich verbesserte sich, mit verlassen des Tobels, die Luftqualität deutlich. Während des nächsten Steilstückes wurde es immer anstrengender, ungewohnt, unerwartet anstrengend. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, immerhin wollten wir die „frühe“ Gruppe so schnell wie möglich einholen.
Nach einigen Minuten spürte ich zusätzlich einen stechenden Schmerz im Herzen, woraufhin ich dem Rest zu verstehen gab, dass wir das Tempo drosseln mussten. Immer noch das Ziel vor Augen die „frühere“ Gruppe einzuholen versuchte ich die Schmerzen so gut es ging zu unterdrücken. Uns war jedoch bewusst, dass mit dem Tempoverfall die Chance die „frühere“ Gruppe einzuholen drastisch gesunken war. Immer wieder suchte ich den Berg vor uns ab, in der Hoffnung die andere Gruppe zu erkennen und daraufhin einschätzen zu können wie viel Vorsprung sie noch vor uns hatten. Doch ich konnte nichts erspähen. Als wir schließlich die Zwinglipasshütte erreichten konnte ich es kaum fassen, nur wenige Meter vor uns war die andere Gruppe, wir hatten tatsächlich geschafft sie einzuholen. Wie sich heraus stellte verdankten wir dies einer Pause, die sie an der Hütte gemacht hatten. Deutlich entspannter setzten wir den Zustieg in Richtung des Kamins fort. Die noch vorhandenen Schneereste wichen einer immer dichter werdenden Schneedecke. Am Einstieg in den Kamin sahen wir uns mit einem weiteren Problem konfrontiert, anstelle eines durchgängigen Schneebandes endete das Schneefeld im Kamin, eklig in der Luft hängend. Nach kurzer Beratschlagung wagten wir einen Versuch das Hindernis zu überwinden indem wir kurz vor dem Ende des Schneefeldes uns in den Spalt zwischen Schnee und Fels zwängten und einen Spreizschritt in Richtung Fels wagten. Kurz nachdem dieses Hindernis überwunden war, wartete auch schon die Schlüsselstelle auf uns, ein Kletterstück im unteren dritten Schwierigkeitsgrad. Da es in dem Kamin nicht ausgesetzt war, konnten wir diese Kletterei einfach genießen, ohne sich Gedanken machen zu müssen wie „was passiert wenn ich hier jetzt Abstürze weil der Griff herausbricht etc.“. Der restliche Weg durch den Kamin bestand aus kurzweiliger leichter Kletterei im Grenzbereich zwischen Laufen und Klettern. Lediglich für den Ausstieg aus dem Kamin wurden ein paar ordentliche Kletterzüge benötigt, nach denen wir auf dem Grat standen. Die letzten Meter zum Gipfel begann ich wieder die Schmerzen zu spüren, obwohl wir seit der Hütte ein sehr gemächliches Tempo angeschlagen hatten. Nach der obligatorischen Gipfelpause traten wir den Rückweg über den Normalweg an. Bereits wenige Meter später merkte ich wieder die Erschöpfung und Schmerzen, mühsam schleppte ich mich weiter, bis wir ein großes Schneefeld erreichten. Hier konnte ich hinabrutschend wichtige Energie sparen, welche ich für den restlichen Abstieg benötigte. Erschöpft wie selten erreichte ich das Tal, noch nicht wissend, dass dies die letzte Bergtour für eine lange Zeit werden würde.